Alevitentum
Das Alevitentum ist eine vorwiegend in der Türkei beheimatete Glaubensrichtung mit Wurzeln im Islam. Es handelt sich um eine eigenständige Religion mit Elementen aus verschiedenen Traditionen:
Islamische Wurzeln: Das Alevitentum entwickelte sich im 13./14. Jahrhundert aus der schiitischen Richtung des Islam. Aleviten verehren zwar den Propheten Mohammed, aber sie legen besonderen Wert auf die Rolle von Ali, seinem Cousin und Schwiegersohn.
Sufismus: Der Einfluss der mystischen Strömung des Sufismus ist im Alevitentum ebenfalls stark. Ähnlich den Sufis suchen Aleviten die direkte Gotteserfahrung durch Rituale und spirituelle Übungen.
Vorislamische Religionen: Das Alevitentum weist auch Einflüsse aus vorislamischen Religionen Anatoliens auf, wie etwa die Verehrung heiliger Stätten und Figuren.
Merkmale des Alevitentums:
Gottesverständnis: Aleviten glauben an einen einzigen Gott, der sich aber in verschiedenen Aspekten manifestiert.
Ali und die 12 Imame: Ali und die 12 Imame (Nachkommen Alis) spielen eine zentrale Rolle im alevitischen Glauben. Sie gelten als heilige Persönlichkeiten und Vermittler zwischen Gott und den Menschen.
Menschlichkeit und Gerechtigkeit: Soziale Gerechtigkeit, Gleichheit und die Würde jedes Menschen sind zentrale Werte im Alevitentum.
Cem: Die wichtigste rituelle Praxis der Aleviten ist der Cem. Dabei handelt es sich um eine Versammlung in einem Cemevi (Versammlungshaus), bei der gemeinsam gebetet, gesungen und getanzt wird.
Ein wichtiger Bestandteil des Cem ist der Semah, ein ritueller Tanz, der die Vereinigung mit dem Göttlichen symbolisiert.
Keine festen Dogmen: Das Alevitentum zeichnet sich durch eine gewisse Offenheit und weniger strenge Dogmen als andere islamische Richtungen aus. Die Auslegung der religiösen Schriften spielt eine wichtige Rolle.
Verbreitung:
Das Alevitentum ist die zweitgrößte Glaubensgemeinschaft in der Türkei, mit Schätzungen von 15% bis 20% der Bevölkerung. Daneben gibt es alevitische Gemeinden in Deutschland, Westeuropa und anderen Ländern mit türkischer Diaspora.